Freitag, 1. Februar 2013

Gedanken zur Arbeit im Hospiz

Die meiste Zeit meiner Arbeit als Physiotherapeut und Personal Trainer findet
entweder in der Praxis, auf Hausbesuch beim Patienten oder als Training / Therapie
beim Kunden bzw. draußen in der Natur statt.
In der Physio-Praxis wird in der Regel im 20 Minuten-Rhythmus behandelt, wodurch
es schon ab und zu etwas hektisch werden kann. Privatpatienten und Kunden zum
Personal Training haben es besser, dort kann mehr Zeit eingeplant werden.

Gelegentlich kommt es vor, dass ich auch Patienten im Hospiz Veronika in Eningen behandle.
Immer wenn ich das Hospiz betrete, kehrt eine spürbare Ruhe in mich. Stress, Zeitdruck,
Eile und Hektik sind an diesem Ort fehl am Platz. 
Die Menschen, die hier ihre letzten Wochen des "irdischen" Lebens verbringen, leiden oft 
an Ödemen, vor allem an den Beinen. Durch Lymphdrainagetechniken kann man den Druck 
im Gewebe verringern, was zu einer Schmerzlinderung führt. Auch sanfte osteopathische Techniken
eignen sich sehr gut als Behandlungsmethode.

Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass dies alles palliative Maßnahmen sind. Die 
Menschen die dort gepflegt werden, wissen warum sie im Hospiz sind. Sie wissen, dass sie
sehr zeitnah sterben werden. Und durch dieses Wissen, fällt von vielen ein großer Druck ab.
Sie müssen nun nicht weiter kämpfen, es wird ihnen von ärztlicher und therapeutischer Seite
nicht mehr gesagt, es bestünde noch Hoffnung auf Heilung. Der Tod ist gegenwärtig und das macht
die verbleibende Zeit umso kostbarer. 
Das Pflegeleitung, das Pflegepersonal, die Seelsorger und die vielen ehrenamtlichen Helferinnen
und Helfer leisten eine phantastische Arbeit. Man wird von dem Frieden, der Ruhe
und der Gelassenheit, die dort herrscht, regelrecht angesteckt. 

Ich weiß noch genau, als ich vor vielen Jahren zum 1.Mal ins Hospiz gerufen wurde. Ich hatte ein
mulmiges Gefühl im Bauch, ich wußte nicht so genau was mich erwartete und wie ich mich 
verhalten sollte. 
Inzwischen weiß ich diesen Teil meiner Arbeit sehr zu schätzen. Die eigenen Sorgen und Problemchen
werden beim Betreten des Hospiz immer kleiner. Und beim Verlassen des Hospiz sind sie noch geringer.
Während dieser dreiviertel Stunde oder Stunde bleibt die Zeit manchmal regelrecht stehen.
Man hat einfach Zeit! Zeit für diesen Menschen, mal im Gespräch, mal als Zuhörer, oft auch im 
Schweigen und in der Stille während einer Behandlung. 
Und man kommt nicht umhin, sich Gedanken zu machen, über Vergänglichkeit und Tod, was in
unserer schnelllebigen, erfolgsorientierten Gesellschaft ja selten thematisiert wird.
Gedanken über Gott, wie geht es weiter nach dem Tod, gibt es ein Weiterleben, eine Auferstehung?

Die Besuche im Hospiz lehren mich jedesmal, mehr auf die kleinen Dinge des Lebens zu achten.
Ein Lächeln, ein freundlicher Händedruck, Achtsamkeit, Respekt und Nächstenliebe.
Dinge die selbstverstänlich sein sollten, aber oft vergessen werden. Wie auch die
Wertschätzung und Zufriedenheit für unser eigenens Leben, den Moment und den
Augenblick zu genießen und dankbar zu sein wie gut es uns hier doch geht!

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